Moody’s sieht die deutschen Lebensversicherer wegen der anhaltenden Niedrigzinsen vor milliardenschweren Belastungen. „Sollten die Zinsen auf dem aktuellen Niveau verbleiben, würden die Unternehmen letztlich Verluste machen“, warnte die Rating-Agentur in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie. Die Experten rechneten ein „Extremszenario“ durch, bei dem sie davon ausgegangen sind, dass die Zinsen in den nächsten zehn Jahren auf dem jetzigen Niveau verharren. In diesem Falle dürfte der Rückstellungsbedarf bis Ende 2023 auf 40 bis 90 Milliarden Euro steigen – abhängig von der Fälligkeit der Policen. Viele Anbieter müssten dann wohl in andere Töpfe greifen, um die sogenannte Zinszusatzreserve bedienen zu können. Zum Vergleich: In diesem Jahr wird mit einem Rückstellungsbedarf für die Branche von rund sechs Milliarden Euro gerechnet.

Viele Lebensversicherer in Deutschland hatten Kunden in den guten Zeiten mit Garantiezinsen von vier Prozent und mehr gelockt. Doch seit die Notenbanken rund um den Globus im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise die Märkte mit billigem Geld fluten und die Zinsen auf rekordniedrigem Niveau halten, lässt sich das aus den laufenden Kapitalmarkterträgen kaum noch erwirtschaften. Immer mehr Anbieter kommen unter Druck, denn in kaum einem anderen Land hat sich die Assekuranz mit ihren Zinsversprechen so in die Ecke manövriert wie hierzulande. Die Finanzaufsicht BaFin hält die Branche deshalb seit 2011 an, die Zinszusatzreserve zu bilden.

Zwar liegt der Garantiezins inzwischen deutlich niedriger. Viele Anbieter haben auch schon neue, flexiblere Lebensversicherungsprodukte entwickelt, um sich Luft zu verschaffen. Doch die positiven Effekte dürften sich nur langfristig zeigen, erklärte Moody’s.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) räumte ein, dass sich die Lebensversicherer in der aktuellen Zinsflaute schwertun. Umso wichtiger sei es, dass die Unternehmen mit den speziell für extreme Szenarien gebildeten Reserven vernünftig haushalten könnten. „Der GDV fühlt sich von dem Moody’s-Bericht im Hinblick auf seine politischen Forderungen bestätigt.“

Vor allem der gesetzliche Zwang zur Ausschüttung von Bewertungsreserven ist dem GDV ein Dorn im Auge: Denn diese stillen Reserven sind in erster Linie durch Kursgewinne bei Staatsanleihen entstanden, die lediglich zu vorübergehenden Buchgewinnen bei den Versicherern führen. Dennoch müssen sie diese nach geltendem Recht zum Teil an die Kunden ausschütten, obwohl sich die Kursgewinne bis zum Ende der Laufzeit der Papiere wieder auf null reduzieren können.