München Der Versicherungskonzern Allianz drängt auf der Jagd nach Rendite mit aller Macht in die gewerbliche Immobilienfinanzierung. Das Volumen der in Europa ausgereichten Kredite liegt aktuell bei gerade einmal einer Milliarde Euro, mittelfristig sollen es – wie auf dem wichtigen US-Markt – rund fünf Milliarden Euro sein, wie Olivier Piani, Vorstandschef von Allianz Real Estate, in einem am Mittwoch veröffentlichten Reuters-Interview auf der Branchenmesse “Expo Real” in München sagte. “Immobilienfinanzierung ist für die Versicherer keine Revolution. In den USA machen wir das schon sehr lange”, betonte der Franzose, der seit vier Jahren an der Spitze der Immobiliensparte von Europas größtem Versicherer steht und ein Team von 400 Leuten führt.

Piani spricht von einer “natürlichen Partnerschaft” mit den Geldhäusern, die wegen der strengeren Regulierung immer mehr Eigenkapital vorhalten müssen und sich im aktuellen Umfeld mit der Refinanzierung großvolumiger und langlaufender Immobiliendarlehen schwer tun. Das alles schränkt die Kreditvergabe deutlich ein, wie viele Investoren klagen. Manche klassische Hypothekenbanken wie die Eurohypo oder die Westimmo haben die Finanzkrise erst gar nicht überlebt und sind vom Markt verschwunden.

Piani betonte, mit etlichen der verbliebenen Kreditinstitute sei die Allianz im Gespräch und lote Partnerschaften aus. “Wir haben etwas, was die Banken nicht haben: finanzielle Mittel, die wir sehr langfristig anlegen können, ohne dass es wehtut.” Die Banken wiederum hätten die Kunden und die Immobilien-Expertise. Er sehe da keine Konkurrenz, sondern eher eine Ergänzung. “Wir haben nicht vor, eine Bank zu werden.”

Die Allianz legt bei der Immobilienfinanzierung allerdings strenge Kriterien an: Nach Pianis Worten werden nur solche Büros, Logistik- oder Einzelhandelsflächen finanziert, die die Allianz als Immobilieninvestor auch selbst kaufen würde. Das sind gut vermietete Gebäude in erstklassigen Lagen – am liebsten in den Kernmärkten Deutschland und Frankreich, auch in Italien, im Moment aber keinesfalls in Spanien – und zu Beleihungswerten von maximal 60 Prozent. Doch in dem sogenannten “Core”-Segment wird das Angebot immer knapper. “Es ist schwer, die richtigen Objekte zu finden.” Die Ticket-Größe reicht bei der Allianz von 100 bis 300 Millionen Euro. “Große Finanzierungen sind kein Problem, wenn die Qualität stimmt”, erklärte der 58-jährige Manager, der früher Chef bei GE Real Estate war. “Wir sind vor allem an langfristigen Krediten über fünf bis zehn Jahre mit fester Zinsbindung interessiert, wir brauchen verlässliche Zins-Einnahmen.”

In Deutschland trat die Allianz zuletzt gleich bei zwei prestigeträchtigen Deals als Fremdkapitalgeber auf: Bei den frisch renovierten Deutsche-Bank-Türmen in Frankfurt, die in einen Fonds ausplatziert wurden, und bei der Refinanzierung für das Einkaufszentrum “Centro” in Oberhausen. Bei letzterem teilte sie sich die Finanzierung mit der Aareal Bank und der Helaba. Einen weiteren großen Deal wird es bis Jahresende geben, wie Piani ankündigte. “Deutschland ist ein sehr interessanter Markt.” Es sei nicht nur die größte und stärkste Volkswirtschaft in Europa. “Der Immobilienmarkt ist auch ausgesprochen solide.”

Laut Piani begrüßen die Allianz-Investoren die indirekte Immobilienanlage. “Im Niedrigzinsumfeld sind ordentliche Renditen ja immer schwieriger zu finden. Es macht auch Sinn, die Anlagen noch stärker zu streuen”, erklärte er. “Und wenn wir im Immobiliensektor stärker als Finanzierer auftreten, dann erleichtert das vielleicht auch den ein oder anderen Deal als Immobilieninvestor.” Das direkte Immobilien-Engagement der Allianz umfasst in Europa aktuell ein Volumen von über vier Milliarden Euro – auch das ist für Piani noch ausbaufähig. Der Immobilienanteil am gesamten verwalteten Vermögen über 450 Milliarden Euro soll mittelfristig auf sechs von derzeit vier Prozent steigen.