Über die allgemeine Preisentwicklung für Rückversicherung, den Großhandelsteil des Geschäfts mit dem Risikoschutz, sind sich die Branchenchefs beim alljährlichen Treffen in Monte Carlo nicht einig. Aber für eine hier gar nicht vertretene Seite wird es auf jeden Fall teurer, glauben sie: Die privaten Endkunden müssen 2013 mehr für ihre Autoversicherung zahlen.
“Ich gehe im Neugeschäft von Preiserhöhungen von rund 10 Prozent im Marktschnitt aus”, sagte Michael Pickel, Vorstandsmitglied der Hannover Rück – der größte Rückversicherer von Autorisiken in Deutschland. Vor allem die Kaskodeckung werde deutlich teurer. “Bei neuen Verträgen dürften es die 10 Prozent sein, bei bestehenden Verträgen rund 3 Prozent”, sagte er. Unzufrieden ist er weiterhin mit den Zahlen der Gebäudeversicherung, in der ihr vor allem Leitungswasserschäden zu schaffen machen, und in der Industrie- und Gewerbeversicherung.
Die Entwicklung im deutschen Automarkt gehört zu den wenigen Lichtblicken für die Rückversicherer. Ansonsten ließen die Marktführer bei ihren Pressekonferenzen in Monte Carlo ein sehr uneinheitliches Bild zurück. Moderate Preiserhöhungen solle es in bestimmten Sparten schon geben, sagte Swiss-Re-Vorstand Christian Mummenthaler. Auch Hannover Rück-Chef Ulrich Wallin glaubt an Steigerungen, zum Beispiel in der Absicherung von US-Risiken gegen Hurrikans und andere Naturkatastrophen. Gegen Preissteigerungen spricht aber, dass trotz hoher Verluste durch Erdbeben im Jahr 2011 die Branche immer noch genügend Kapital hat – und Hedgefonds sogar weitere Mittel zur Verfügung stellen.
Das Hauptproblem der Rückversicherer sind die niedrigen Zinsen. “Wir bekommen für Neuanlagen nur noch 2,5 Prozent bis 3 Prozent”, sagte Wallin. Weil damit die Erträge aus den Milliarden an Schadenreserven zurückgehen, ist die Branche umso mehr darauf angewiesen, dass sie im eigentlichen Versicherungsgeschäft keine technischen Verluste macht. Schadenaufwand plus Verwaltungs- und Vertriebskosten dürfen nicht höher als die Prämieneinnahmen sein.
In Monte Carlo treffen sich jährlich Anfang September Rückversicherer mit ihren Kunden, – Versicherern und großen Industriekonzernen – um die ersten Gespräche über Verträge für das kommende Jahr zu führen. Auch zahlreiche spezialisierte Makler, Wirtschaftsprüfer und Anwälte sind vor Ort. Umrahmt von Segelregatten, Empfängen, Cocktails und Dinnerparties treffen sich die Marktteilnehmer und beraten über den Risikoschutz für 2013. Konkrete Abschlüsse gibt es kaum – die folgen sechs Wochen später bei einem ähnlichen Treffen in Baden-Baden und in zahlreichen weiteren Verhandlungen bis zum Jahresende.
 
Kaum jemand geht mit Niedrigpreisen in den Wettbewerb, alle versuchen, mit ihrer Finanzstärke zu punkten. Der Rückversicherer Scor wurde gerade von Standard & Poor’s auf “A+” hochgestuft. “Das zeigt unsere Kapitalstärke und die gute Arbeit, die wir gemacht haben”, sagte Unternehmenschef Denis Kessler. Auch Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück können hohe Kapitalausstattungen vorweisen.
Alle Großen außer Swiss Re – dort schlug ein Sonderfaktor aus einem Unternehmensverkauf zu Buche – haben im ersten Halbjahr gute Gewinne eingefahren. “Das ist für die Kunden ein hervorragendes Argument, wenn die Rückversicherer es mit ihren Preisforderungen übertreiben”, sagte ein betroffener Versicherer. Als Munich Re schon 2011 die Preise für Sturmdeckungen in Deutschland um bis zu 100 Prozent erhöhen wollte, kündigten sieben Kunden beim weltgrößten Rückversicherer. Alle fanden bei anderen Gesellschaften Deckungen zu deutlich günstigeren Preisen als aus München gefordert.