Der Hagelsturm „Andreas“ vom 28. Juli dieses Jahres könnte die Erst- und Rückversicherungsbranche deutlich teurer zu stehen kommen als bisher gedacht. Michael Pickel, Vorstand des weltweit drittgrößten Rückversicherers Hannover Rück, hält die bisherigen Schätzungen von 600 Millionen Euro für Auto- und Wohngebäudeschäden für zu niedrig angesetzt. „Ich halte eine Zahl deutlich über eine Milliarde Euro für realistisch“, sagte er zu Handelsblatt Live, der iPad-Ausgabe des Handelsblatts.

Die fünf mal 27 Kilometer große Unwetterzelle wütete vor allem über den vier baden-württembergischen Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Göppingen und Esslingen. Binnen 15 Minuten verursachte sie mehr Schäden als der „Münchener Hagel“ aus dem Jahr 1984, der bislang als größtes Hagelschadenereignis in Deutschland galt. Allein für den Marktführer in dem Bundesland, die SV Sparkassenversicherung, mache das 40 Millionen Euro Schaden pro Minute, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens vom Freitag. „Das gibt es selten“, erklärte SV-Vorstand Klaus Zehner.

Hannover-Rück-Vorstand Pickel glaubt, dass die vielen Unwetter Auswirkung auf die Prämien in der Autoversicherung haben werden. Der Grund: Die Schwankungsrückstellungen bei den Endkundenversicherern gingen zu Neige. Mit dieser zusätzlichen Kapitaldecke federn Versicherer unterschiedlich hohen Schadenssummen über die Jahre ab. Doch dieser Block sei bei einigen Gesellschaften so gut wie abgeschmolzen. „Es war schon immer so, dass Erstversicherer die Prämien angehoben haben, wenn der Topf für die Schwankungsrückstellungen leer war“, sagte Pickel zu Handelsblatt Live. „Es sollte mich wundern, wenn es diesmal anders wäre.“

Mehrere Gesellschaften hätten schon in diesem Jahr außerordentlich oft Rückversicherungsschutz bei Unternehmen wie Hannover Rücknachbestellt, sagte Pickel. Das sei eher unüblich und vor allem teurer. „Der Aufschlag hierfür kann bis zu 100 Prozent betragen, erst recht wenn sowohl Schäden durch Hagel als auch durch Sturm abgedeckt werden.“

Anm. d. Redaktion: In einer ersten Fassung war die Überschrift missverständlich formuliert. Für die gesamte Branche wird von der Hannover Rück ein Schaden von einer Milliarde Euro erwartet.