Die Allianz will sich auf dem chinesischen Markt an die Spitze der ausländischen Konkurrenz setzen und im nächsten Schritt die einheimischen Ex-Monopolisten angreifen. „Wir streben unter den Ausländern die Führungsstellung an“, sagte Manuel Bauer, im Allianz-Vorstand für Wachstumsmärkte zuständig, dem Handelsblatt. Außerdem wolle der Versicherer den chinesischen Marktführern Marktanteile abjagen.

Das Projekt der Allianz erscheint ehrgeizig, denn der chinesische Versicherungsmarkt gilt als außerordentlich schwierig. China ist dem Namen nach immer noch kommunistisch regiert. Der Staat zwingt die Finanzbranche in eng gesteckte Leitplanken. Auch ein Jahrzehnt nach der Öffnung des Versicherungsmarktes bevorzugt die Regierung ganz offen die einheimischen Anbieter. Peking will erst Weltklassespieler aufbauen, bevor es die eigenen Unternehmen der Konkurrenz aus Europa und Amerika aussetzt.

Vor allem im Geschäft mit Lebensversicherungen haben es internationale Anbieter schwer. Sie erhalten jeweils nur Lizenzen für einzelne Provinzen. Rein rechnerisch würde es nach geltenden Regeln 17 Jahre dauern bis in alle Landesteile zu expandieren.

Der ausländische Marktanteil ist daher von knapp neun Prozent im Jahr 2005 auf unter fünf Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum sind die beiden chinesischen Platzhirsche unter die weltgrößten Anbieter aufgestiegen. China Life Insurance und Ping An Insurance halten rund die Hälfte des Heimatmarktes.

Erste ausländische Anbieter werfen bereits frustriert das Handtuch. Der US-Versicherer New York Life hat im vergangenen Jahr seinen Anteil an einem Gemeinschaftsunternehmen verkauft. Die französische Axa und Sun Life aus Kanada haben ihr Engagement reduziert.

Doch Allianz-Vorstand Bauer hält den chinesischen Markt für zu wichtig, um sich entmutigen zu lassen – und will gerade zurzeit keinesfalls nachlassen. „Es handelt sich um den Wachstumsmarkt in Asien schlechthin.“ Er rechnet für die Zukunft zudem mit einer deutlichen Verbesserung der Verhältnisse.

Gerade die Allianz habe guten Zugang zur Versicherungsaufsicht, der China Insurance Regulatory Commission. „Es geht praktisch immer in eine positive Richtung.“ Die Beamten hätten ein offenes Ohr für die Probleme der ausländischen Anbieter und zudem ein Interesse daran, sie im Land zu halten – schließlich führt Konkurrenz zu besseren Angeboten für die chinesischen Kunden.

Bauer will die Vertriebskanäle ausbauen lassen, um die Marktposition zu stärken. „Ein Problem ist, dass wir noch viel zu wenig bekannt sind”, sagt Bauer. Die Allianz will daher in China ihrem Markennamen mehr Gewicht verleihen und ihre verschiedenen Versicherungsarten weiter bündeln. In Schanghai hat die Allianz gerade eine Filiale der Sachversicherungssparte eröffnet. Da der Staat kürzlich den Markt für die Kfz-Haftpflicht dereguliert hat, ergibt sich die Möglichkeit, mit neuen Kunden in Kontakt zu treten.

Für die Lebensversicherungen – „in China ein hartes Geschäft“ – will Bauer nicht nur das Vertriebsnetz erweitern, sondern nach dem „Multi-Channel-Prinzip“ vorgehen: Die Policen soll sich am Bankschalter, online, am Telefon oder klassisch beim Vertreter abschließen lassen. Der deutsche Anbieter will so eine stärkere öffentliche Präsenz aufbauen als die Konkurrenz. „Jeder Kunde und jede Altersklasse hat einen eigenen Weg zur Versicherung – auch in China.“

Die Beschränkungen auf regionale Lizenzen hält Bauer bei dieser Strategie nicht weiter für schlimm. Die Allianz wende sich zuerst in den Ballungsräumen an Kunden aus der Mittelklasse der Städte. Der potenzielle Markt umfasst damit bereits 300 Millionen Einwohner – viele davon sind aus westlicher Sicht noch deutlich unterversichert.