Michael H. Heinz ist so etwas wie der oberste Versicherungsvertreter Deutschlands. Als Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) tritt der Siegener für die Interessen seiner 12 .500 direkten Mitglieder in der Öffentlichkeit auf.

Herr Heinz, mit den neuen gesetzlichen Regeln zu den Standmitteilungen der Lebensversicherungen soll das Vertrauen der Kunden in das Produkt Lebensversicherung erhöht werden. Ist das wirklich der richtige Weg?
Wir denken, dass die Maßnahme der aussagekräftigeren Standmitteilung in die richtige Richtung geht. Schließlich hat das Kundenvertrauen aufgrund der Niedrigzinsphase in den vergangenen Jahren gelitten. Verbesserte Standmitteilungen können daher ein wichtiger Baustein sein, es wieder aufzubauen.
Das wird aber nicht ausreichen, um die Lebensversicherung wieder attraktiver zu machen, oder?
Die Rendite ist und bleibt der wichtigste Faktor der Attraktivität eines Altersvorsorgeproduktes wie der Lebensversicherung. Schließlich möchte berechtigterweise jeder Altersvorsorgesparer wissen, wie sich sein Kapital bei einem langen Anlagehorizont vermehrt. Und hier zerstört die jahrelange Niedrigzinsphase und damit die Absenkung der Rendite die Attraktivität der Lebensversicherung. Das Zinsniveau müsste also nach unserer Meinung endlich wieder erhöht werden.
Das Produkt Lebensversicherung ist heute durch die Vielzahl an neuen Varianten für viele Kunden schwieriger zu verstehen. Sehen Sie das auch so?
Ja, auf jeden Fall trägt die Produktvielfalt der Lebensversicherung dazu bei, dass Kunden den Überblick verlieren und nicht wirklich einschätzen können, welches das passende Produkt für sie ist. Hier ist also die erfahrene Expertise und die persönliche Beratung von Versicherungsvermittlern gefragt, um den Kunden Schneisen der Orientierung im Produktdschungel zu bieten.

Müsste ein Produkt wie die Lebensversicherung, das auf Jahrzehnte angelegt ist, mittlerweile nicht viel flexibler sein, um auf die veränderten Lebensentwürfe der Kunden reagieren zu können?
Es gab bereits in der ‚alten Klassik‘ der Lebensversicherung Optionen, bei veränderten Lebensumständen, wie temporärer Arbeitslosigkeit und Scheidung die Beitragszahlungen für ein Jahr auszusetzen. Damit konnten die Kunden in gewissem Maße ihre Prämienzahlungen flexibel an ihre Lebensumstände anpassen. Es wäre natürlich schön, wenn man ein Produkt hätte, das sich sehr flexibel an die jeweils individuellen Lebensumstände des modernen Lebens anpasst.

Wenn das Problem erkannt ist, warum setzt man es dann nicht um? Will die Branche nicht oder kann sie es einfach nicht?
Für die Produktgeber bedeutet dies mitunter einen enormen Verwaltungs- und Berechnungsaufwand, den sie berechtigterweise bezahlt haben möchten. Volle individuelle Flexibilität würde also Rendite kosten, was wiederum nicht im Kundensinne wäre. Da die Lebensversicherung primär ein Altersvorsorgeprodukt ist, sollte sie nach unserem Dafürhalten auch nur in einem gewissen Rahmen flexibel gestaltet werden. Schließlich hat vertragliche „Festigkeit“ zudem eine disziplinierende Wirkung für beide Vertragspartner, was gut für die Erfüllung des Vertrages ist.
Fonte:
Handelsblatt