Die EU will den Versicherern die Umstellung auf die neuen Kapitalvorschriften erleichtern. Auf dem Tisch liege der Vorschlag, die alten Regeln weitere sieben Jahre unverändert auf bestehende Lebensversicherungs-Policen anzuwenden, erklärte der Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Mittwoch in Brüssel.

“Aber das ist noch nicht entschieden, das ist Sache der Gesetzgeber”, ergänzte er. Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament beraten derzeit über die Umsetzung des neuen Regelwerks “Solvency II”, unter dem die Unternehmen ab 2014 mehr Kapital vorhalten müssen. Branchenexperten äußerten sich skeptisch: Die längere Frist löse das grundsätzliche Problem nicht.

Versicherungsaktien legten mit der Aussicht auf eine Entlastung der Unternehmen zu. Der europäische Branchenindex stieg um ein Prozent. Ein Aufschub nehme Druck von der Branche, urteilten die Analysten von Cheuvreux. Allianz -Aktien verteuerten sich um 1,6 Prozent auf 76,20 Euro.

Auch die Kurse der französischen Axa und der italienischen Generali stiegen kräftig. Doch die Branchengrößen dürften die geringeren Probleme mit der Umstellung haben. Vor allem kleinere Versicherer klagen über Schwierigkeiten mit dem komplexen Regelwerk.

Nach einem Bericht der “Financial Times Deutschland” hatte der Verhandlungsführer des Parlaments, der CDU-Europaabgeordnete Burkhard Balz, einen Aufschub für Altverträge von sieben Jahren vorgeschlagen. Nur bei Risikomanagement und Berichten müssten Unternehmen die neuen Regeln einhalten. Balz wollte dazu keine Stellung nehmen, da die Verhandlungen mit der Kommission und den Mitgliedstaaten noch laufen. Eine Einigung wird frühestens für Juli erwartet, sodass die Richtlinie vom Parlament im September abgesegnet werden könnte.

In Verhandlungskreisen hieß es, alle drei Institutionen seien mit den Übergangsregeln einverstanden. Doch die Details seien noch offen. Als Alternative zu einem siebenjährigen Moratorium könnten die Kapitalanforderungen auch schrittweise über den Zeitraum erfüllt werden. Auch sei noch offen, ob die Erleichterung für alle Lebensversicherungen gelten soll. Nach dem Bericht hat die deutsche Versicherungsaufsicht BaFin eine Übergangsfrist von zehn Jahren ins Gespräch gebracht.

Das Regelwerk soll die Branche stärker an die Kandare nehmen, um das Geld der Versicherten besser zu schützen. Die Kapitalausstattung der Versicherungen muss sich künftig stärker an den tatsächlichen Risiken ausrichten. Die Branche kritisiert an dem Regelwerk, dass es kurzfristige Anlagen bevorzuge.

Zudem schwankten die Kapitalanforderungen zu stark und brächten damit Unruhe. Das sei schwer in Einklang mit dem langfristigen Zusagen der Versicherer gegenüber ihren Kunden zu bringen. Langjährige Renten-Zusagen würden damit bedroht.

Doch dieses Problem werde durch die Änderungsvorschläge nicht gelöst, sondern nur auf die lange Bank geschoben, wird in Branchenkreisen kritisiert: Zudem würde ein sieben Jahre langes Moratorium die gegenwärtige Situation nur zementieren. Ohne Solvency II seien die Absicherungsanforderungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich.

 Ende April hatte die EU-Kommission den europäischen Staaten ein halbes Jahr mehr Zeit – bis zum 30. Juni 2013 – gegeben, um die Vorschriften umzusetzen. Die Kommission hatte Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess eingeräumt.