Die Finanzkrise verschont niemanden. Das merkt auch Paul-Otto Faßbender, der Vorstandsvorsitzende der Düsseldorfer Arag. „Als Eigentümer bin ich gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen fest davon überzeugt, dass die Finanzkrise noch längst nicht vorbei ist“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Versicherers. „Es bringt nichts, einfach nur auf Besserung zu hoffen.“ Schon früh hat er daher begonnen, seine Gruppe umzubauen.

Das Ergebnis: Aus dem Rechtsschutzversicherer ist im Inland ein Unternehmen geworden, das erstmals mit Krankenversicherungen mehr Geld einnimmt als im Kerngeschäft. Rechtsschutz verkauft die Arag heute vor allem im Ausland. Hierzulande versucht Faßbender, den Umsatzrückgang in Grenzen zu halten und die Gewinnmarge zu erhöhen.

„Wir verändern das gesamte Unternehmen von Grund auf. Dieser Prozess gewinnt zunehmend an Dynamik und tritt deutlicher sichtbar hervor“, sagt der Eigentümer. Die Neuordnung des europäischen Geschäfts sei dabei ein zentraler Baustein. Arag mute sich den damit verbundenen Kraftakt zu, weil das Management fest von den strukturellen und strategischen Vorteilen eines unabhängigen Familienunternehmens auf dem europäischen Markt und in den USA überzeugt sei.

Es gehe darum, Komplexität abzubauen sowie Risiken konsequent zu managen und zu streuen. Dadurch werde eine riskante Fokussierung auf einen überreifen Heimatmarkt vermieden. Denn: „Reine Spezialisten mit einer Monokultur sind wesentlich krisenanfälliger“, glaubt Faßbender. Die Arag habe ihre Heimatmärkte nicht mehr nur in Deutschland, sondern in Europa und den USA. Ohne die Last, sich in einem einzigen Nischenmarkt wegducken zu müssen, habe Arag im abgelaufenen Geschäftsjahr eine gute Dynamik entwickelt.

Wie bereits in den Vorjahren habe sich das Krankenversicherungsgeschäft in Deutschland als das wachstumsstärkste Segment erwiesen. Erstmals übertrafen die Bruttobeitragseinnahmen in diesem Bereich die des nationalen Rechtsschutzgeschäfts. Die Prämien des Konzerns sind 2011 von 1,43 Milliarden Euro auf 1,47 Milliarden Euro angestiegen. Die Gesamtleistung habe sogar einen wichtigen Schwellenwert übersprungen: Beitragseinnahmen und Umsätze beliefen sich auf 1,51 Milliarden Euro nach 1,49 Milliarden Euro im Vorjahr.

„Ich bin Versicherungsunternehmer und kein Banker, daher lege ich sehr viel Wert auf die Belastbarkeit unserer versicherungstechnischen Rechnung“, sagt Faßbender. Das versicherungstechnische Ergebnis habe sich entsprechend von 16,5 Millionen Euro auf 40,3 Millionen Euro verbessert. Vor Steuern erzielte die Arag einen Gewinn von 49,9 Millionen Euro nach 64,2 Millionen Euro im Vorjahr. Der Konzernjahresüberschuss sank von 50,1 Millionen auf 23,9 Millionen Euro, weil Einmaleffekte weggefallen seien.

Auf dem deutschen Markt holt Arag zwei Drittel seiner Einnahmen. Hier sei das Geschäft mit 2,6 Prozent – stärker als die Branche – auf leicht über 1,0 Milliarden Euro gewachsen. Das Rechtsschutzgeschäft als größtes Konzernsegment habe weiter seine hervorgehobene Position unter den drei weltweit führenden Rechtsschutzanbietern gefestigt. Trotz der erheblichen Unsicherheiten in den meisten europäischen Volkswirtschaften seien die Beitragseinnahmen in dieser Sparte um 1,0 Prozent auf 713,9 Millionen Euro gestiegen. Das Volumen des internationalen Geschäfts mache nun 58,4 Prozent am gesamten Rechtsschutz aus.

„Im Gegensatz zu den internationalen Märkten zeigt der deutsche Rechtsschutzmarkt mit seinen knapp 50 Anbietern keine Wachstumsfantasie außerhalb der üblichen Beitragsanpassungen“, bilanziert Faßbender. „Meine Strategie zielt daher zunächst nur darauf ab, den Beitragsrückgang in diesem Markt zu stoppen. Praktisch nicht refinanzierbare Beitragszuwächse überlasse ich anderen.“ Durch das gute Neugeschäft und eine erfolgreiche Stornobekämpfung käme Arag einem Stopp beim Beitragsrückgang langsam näher. Die Beitragseinnahmen in Deutschland sanken um 1,0 Prozent auf 296,9 Millionen Euro.

Der Marktanteil im deutschen Rechtsschutz sank von 9,1 auf 8,7 Prozent. „Ich kann Ihnen aber versichern, dass diese Prozentzahl in meinen unternehmerischen Überlegungen keine entscheidende Rolle spielt und als Gradmesser für die Qualität des Geschäftes nicht taugt.“ Wesentlich bedeutsamer als eine Umsatzmaximierung sei es, dass das deutsche Rechtsschutzgeschäft operativ wieder gutes Geld verdient. Nach einem versicherungstechnischen Verlust von 7,3 Millionen Euro im Vorjahr sei mit einem Gewinn von 13,5 Millionen Euro eine deutliche Ergebnisumkehr gelungen.