Das Gute an uns Versicherern ist, dass wir immer mit dem Schlimmsten rechnen. Diesen Berufspessimismus pflegen wir, damit unsere Kunden ihr Leben unbeschwerter genießen können und, wenn es sich um Unternehmen handelt, sich voll und ganz auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Wir kalkulieren ihre Risiken und legen dann – in der Regel – eine möglichst risikogerechte Prämie fest. Durch die Übernahme der Kosten im Schadenfall verhindern wir, dass Unternehmen existenziellen Gefahren ausgesetzt sind. Bei neuen Technologien treten wir sogar in vielen Fällen in Vorleistung: Wir versichern sie, ohne auf Erfahrungen im Schadenfall zurückgreifen zu können. Das tun wir verlässlich seit langer Zeit. Nach der Atomkatastrophe in Japan und einer in Teilen nicht nachvollziehbaren regen politischen Diskussion in Deutschland ist der Atomausstieg hierzulande nunmehr beschlossene Sache. Jetzt sollen erneuerbare Energien deutlich ausgebaut werden und den Löwenanteil des deutschen Energiebedarfs decken. Mag die politische Willensbildung auch Züge der Echternacher Springprozession angenommen haben – das Ergebnis, wenn es denn Bestand hat, ist eine richtungweisende Entscheidung, mit der die Gesellschaft dokumentiert, dass sie mit dem nuklearen Restrisiko nur noch eine begrenzte Zeit leben will. Auch für die deutsche Industrie besteht Planungssicherheit, und neben Risiken für Kraftwerksbetreiber und die energieintensiven Industriezweige gibt es viele Chancen. Wenn die durchaus berechtigten Klagen der Energiewirtschaft verklungen sind, wird der deutsche Pragmatismus dafür sorgen, dass wir die neue Herausforderung annehmen und abarbeiten. Und mit etwas Schweiß entwickelt sich für die deutsche Energiebranche daraus vielleicht sogar eine weltweite Führungsrolle in einem der chancenreichsten Technologiefelder überhaupt.

Die Assekuranz steht bereit, diesen Prozess aktiv zu begleiten. Auch wir schätzen im Übrigen die Risiken erneuerbarer Energien deutlich geringer ein als die der Atomkraftwerke mit ihrer Großschaden-Exponierung, da die Vielzahl kleinerer und mittlerer Schäden besser kalkulierbar und beherrschbar ist. Wasserkraft, Solarenergie, Biomasse, Biogas, Bioethanol, Geothermie – all diese Formen der Energiegewinnung stellen aus versicherungstechnischer Sicht kein Problem dar. Ähnlich verhält es sich mit Windenergie, wenn die Anlagen an Land stehen. Hier gibt es verlässliche Langzeiterfahrungen.
Etwas anders sieht es für den Hoffnungsträger der deutschen Politik aus: Für Offshore-Windenergieanlagen, denen Experten das größte Potenzial zusprechen, den Energiebedarf der Zukunft zu decken, fehlen verlässliche Langzeiterfahrungen. Zwar gibt es Offshore-Windparks in Dänemark oder Großbritannien bereits seit Jahren, doch stehen diese Anlagen in direkter Küstennähe und damit in geringen Wassertiefen. Auch wurden hierfür Onshore-Fundamente verwendet. In Deutschland liegen die Parks auf hoher See, in Wassertiefen von 30 bis 40 Metern. Allein der Bau der Parks unter diesen Bedingungen ist ungleich schwieriger. Fundamente, die in diesen Tiefen verwendet werden können, mussten erst entwickelt werden. Ob sie den Bedingungen auf rauer See standhalten können, muss sich zeigen.

Die Assekuranz wird auch diese neue Technologie konstruktiv begleiten und durch die Übernahme von unternehmerischen Risiken helfen, die Energiewende mitzugestalten. Wir werden Lösungen finden, sie zu versichern. Beispiele aus neuerer Zeit für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Energiewirtschaft und Assekuranz gibt es schließlich viele – nicht zuletzt, weil die Versicherungswirtschaft die Chancen entdeckt hat, die in dieser Entwicklung stecken, auch für sich selbst. Wir sind Berufspessimisten, aber genau dieser Pessimismus hat uns gelehrt, Chancen zu erkennen und ab und zu auch mal unserer versteckten Leidenschaft zu frönen: dem Optimismus.