Deutsche Versicherungen haben sich in erheblich größerem Ausmaß als bisher bekannt von Staatsanleihen der hoch verschuldeten Euro-Länder Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien, den sogenannten PIIGS-Staaten, getrennt. Das geht aus einem Papier des Finanzausschusses des Bundestages hervor, das Handelsblatt Online vorliegt.

So haben die Versicherer beispielsweise nur noch neun Milliarden Euro in spanischen Staatsanleihen angelegt. Vor einem Jahr waren es noch 20,9 Milliarden.

Auch italienische  Staatsanleihen sind im Portfolio der Versicherer deutlich geschrumpft – von 28 Milliarden Euro im März 2010 auf 20 Milliarden in diesem Jahr. Dasselbe gilt für Portugal (2010: 4,5 Milliarden Euro; 2011: 3 Milliarden Euro), Irland (2010: 7 Milliarden Euro; 2011: 4 Milliarden Euro) und Griechenland (2010: 5,8 Milliarden Euro; 2011: 2,8 Milliarden Euro).

Unterm Strich haben damit an den gesamten Kapitalanlagen spanische Anleihen nur noch einen Anteil von 0,73 Prozent, bei italienischen 0,31 Prozent, portugiesischen 0,22 Prozent, irischen 0,31 Prozent und griechischen 0,22 Prozent

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte die Erhebung vorgenommen und dabei 25 Versicherungsgruppen sowie 5 große Einzelunternehmen einbezogen. Damit schließt die Abfrage 187 unter deutscher Aufsicht stehende Versicherungsunternehmen ein. Die Marktabdeckung liegt demnach bei weit über 80 Prozent.

Allerdings waren in der Vorjahres-Erhebung auch Investitionen in Publikumsfonds einbezogen, die 2011 herausgerechnet wurden. Publikumsfonds fallen jedoch kaum ins Gewicht. In dem Ausschuss-Papier wird dies damit begründet, dass die Unterschiede in den Beständen an Anleihen der PIIGS-Staaten so groß seien, dass sie nicht allein durch die Herausnahme der Publikumsfonds begründet werden können. „Aus den Zahlen kann daher nach Einschätzung der Aufsicht geschlossen werden, dass die Unternehmen bis auf Ausnahmen ihr Engagement in diesen Staatsanleihen reduziert haben.“

Die Unsicherheit der Investoren an den Finanzmärkten ist angesichts der drohenden Pleite Griechenlands weiter groß. Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen steigen unaufhaltsam. EU, EZB und IWF bescheinigten dem hoch verschuldeten Land in ihrem Prüfbericht, dass das laufende Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro nicht ausreicht. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den nochmaligen Bedarf für 2012 bis 2014 auf rund 90 Milliarden Euro veranschlagt.

Debatte über Schäubles Umschuldungs-Vorstoß

Schäuble hatte vorgeschlagen, Griechenland mit einem längeren Zahlungsaufschub und neuen Finanzspritzen Luft für die Sanierung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen zu verschaffen. Er will die sich sträubende Europäische Zentralbank (EZB), die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) für eine „sanfte“ Umschuldung unter Einbindung privater Gläubiger gewinnen. Dies könne am besten über einen Umtausch von Anleihen erreicht werden, der zu einer Verlängerung ausstehender Forderungen um sieben Jahre führen sollte. Frankreich ist gegen Schäubles Plan.

Etliche internationale Großbanken signalisierten in dieser Woche bereits, dass sie einer Laufzeitenverlängerung offen gegenüberstehen würden – sofern dies auf freiwilliger Basis geschehe. Die Ratingagentur Moody’s kann sich ein solches Modell der Freiwilligkeit aber nur schwer vorstellen, wie Staatsanleihen-Experte Bart Oosterveld in Frankfurt sagte. Auch vom weltgrößten Staatsanleihenhändler Pimco kamen kritische Töne. Er bezweifele, dass sich genügend Gläubiger freiwillig beteiligen würden, sagte Andrew Bosomworth, Leiter des Portfoliomanagements der Allianz-Tochter. Eine Beteiligung des Privatsektors sei aber unvermeidlich. Pimco selbst hat keine griechischen Staatsanleihen mehr im Portfolio.

Beim Umschuldungsvorstoß Schäubles seien noch viele Fragen ungeklärt, beklagen Ökonomen. Thorsten Polleit, Chefökonom von Barclays Capital, sagte der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX: „Schäuble hat mit seinem Vorstoß zwar die politische Richtung vorgeben, wichtige Detailfragen sind aber noch unbeantwortet.“ Darüber hinaus stehe Deutschland in Europa noch nahezu alleine mit seiner Forderung einer Beteiligung privater Investoren. „Insbesondere ist es zurzeit noch vollkommen unklar, wie eine Laufzeitverlängerung griechischer Staatsanleihen überhaupt umgesetzt werden soll“, sagte Polleit. Die EZB, der IWF und staatliche Banken sind die gewichtigsten Gläubiger Griechenlands.

 

Rätselraten über Engagement deutscher Banken

Unklar ist ist jedoch das wahre Ausmaß des Engagements deutscher Banken. Zahlen der Bundesbank ließen viele Fragen offen. Sie deuteten darauf hin, dass die hiesigen Institute inzwischen einen großen Teil ihrer griechischen Anleihen abgestoßen haben. Das würde allerdings der Zusage der deutschen Finanzbranche vom vergangenen Frühjahr widersprechen. Damals – auf dem ersten Höhepunkt der Griechenland-Krise – hatte sie sich bereit erklärt, ihre bestehenden Kreditlinien an Griechenland und griechische Banken bis 2012 aufrechtzuerhalten. Die Deutsche Bank steht nach eigenen Angaben zu diesem Versprechen, das Vorstandschef Josef Ackermann vor einem Jahr persönlich gegeben hatte. „Wir haben uns an die Vereinbarung gehalten“, betonte ein Sprecher.

Auch Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus, die Commerzbank, hat sich nicht im großen Stil von Griechen-Bonds getrennt: Ende März 2011 lag ihr Engagement bei 2,9 Milliarden Euro, ein Jahr zuvor waren es 3,1 Milliarden. Insgesamt hielten die deutschen Banken zuletzt griechische Staatsanleihen im Volumen von rund 16,5 Milliarden Euro, wie aus einer Reuters-Umfrage unter den Instituten von dieser Woche hervorgeht. Das entspricht in etwa dem Stand vom April 2010, kurz bevor das erste Rettungspaket für Athen geschnürt wurde. Damals lag das Gesamtengagement der deutschen Banken laut Bundesbank bei knapp 16 Milliarden Euro.

Die Bundesbank-Statistik allerdings weist andere Zahlen aus: Demnach waren die hiesigen Institute im Februar mit rund 18 Milliarden Euro in Griechenland engagiert. Wird der acht Milliarden Euro schwere Kredit der Staatsbank KfW herausgerechnet, bleiben rund zehn Milliarden Euro übrig – das wäre im Vergleich zum April 2010 ein Rückgang um etwa ein Drittel. Über diese Zahlen berichtete auch die „Financial Times Deutschland“. Das Bundesfinanzministerium wollte am Donnerstag nicht zur Aufklärung beitragen, mit welchen Zahlen es zum Anleihe-Engagement der deutschen Banken in Griechenland kalkuliert.

Griechenland war im Mai 2010 gegen Sparauflagen mit einem 110 Milliarden Euro schweren Rettungspaket von der EU und dem IWF vor der Pleite bewahrt worden. Da es aber nicht wie ursprünglich erhofft im kommenden Jahr an die Kapitalmärkte zurückkehren kann, braucht das Land nun einer weitere milliardenschwere Finanzspritze.