München Sichtlich nervös steht Oliver Bäte am Mittwoch in der Münchener Olympiahalle vor rund 3700 Aktionären der Allianz. „Manchmal sind die Zahlen fast zu groß“, erklärt der 51-Jährige, als er bei Aufzählung von Umsatz, Gewinn und Anlagevolumen des Versicherungsriesen Milliarden und Billionen verwechselt. Denn auch wenn Bäte seit acht Jahren im Vorstand der Allianz sitzt: Zum ersten Mal ist der gebürtige Bensberger für die Ergebnisse verantwortlich. Vor fast genau einem Jahr hat er die Führung des Münchener Konzerns übernommen.
Keine leichte Aufgabe, denn die Liste der Gefahren für die Versicherer ist lang: die Nullzinsen der Europäischen Zentralbank, das hektische Auf und Ab an den Finanzmärkten, politische Unsicherheiten und internationale Krisen, strengere Regulierungsvorschriften, neue Konkurrenten aus der digitalen Welt. Im vergangenen Jahr hat sich die Allianz gegen diese Gefahren erfolgreich zur Wehr gesetzt: In den drei Sparten – der Schaden- und Unfallversicherung, der Lebens-und Krankenversicherung und der Vermögensverwaltung – stieg der Umsatz um 2,4 Prozent auf 125 Milliarden Euro, unter dem Strich blieben ein Gewinn von 6,99 Milliarden Euro, ein Plus von fast sechs Prozent.
Auch bei den Aktionären soll es da in der Kasse klingeln: Die Dividende soll um 45 Cent auf 7,30 Euro pro Aktie steigen, ein Wert, der die Allianz zu den Top-Dividendenzahlern im Dax macht. „Mein Vorgänger Herr Diekmann hat mir die Allianz in einem tollen Zustand übergeben“, lobt Bäte den langjährigen Firmenchef, der – wie immer braun gebrannt – ebenfalls auf der Aktionärsversammlung erschienen war.

„Vor genau 363 Tagen trat ich das Amt als zehnter Vorstandsvorsitzender der Allianz an“, erzählt Bäte. Dabei sei ihm „trotz allem rheinländischem Enthusiasmus etwas mulmig“ gewesen. Dass er nun hier „gefasst“ und „optimistisch“ stehe, verdanke er der Arbeit seiner Mitarbeiter in Vertrieb, Management und nicht zuletzt den Aktionären, die der Allianz hoffentlich auch die Treue halten würden, „wenn uns der Wind etwas kräftiger entgegen bläst, das kommt bestimmt“.

Von Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment, einem der größten Aktionäre der Allianz, bekam Bäte Rückendeckung. „Herr Bäte, Sie sind für uns der richtige Mann zur richtigen Zeit“, lobte Speich. „Als Investor waren und sind wir von den Stärken der Allianz überzeugt“. Allerdings müsse Bäte einige Aufgaben angehen: Die Probleme bei Pimco und die unsicheren Perspektiven für die Lebensversicherung. Und Bäte dürfe „das Effizienzdenken nicht übertreiben“ und die Organisation nicht überfordern, „damit Sie mit der tatkräftigen Unterstützung von mehr als 140.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund um den Globus eine noch bessere Allianz bauen“.
„Ein ‘Weiter so’“ gehe bei der Allianz nicht, monierte dagegen Daniela Bergdolt von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mit Verweis auf die zunehmenden Herausforderungen – und kritisierte dass zum 125. Jubiläumsjahr auch eine „ganz kleine oder vielleicht auch eine größere“ Sonderdividende schön gewesen wäre. „Was nicht ist, kann ja noch werden. Sie können sich das ja vormerken“. „Ein bisschen mehr“ müsse bei einem derartigen Jubiläum schon drin sein, meinte auch ein anderer Aktionär. Das Mindeste sei: „ein Turnschuh“, scherzte er. Denn Bäte stand in Sportschuhen vor den Aktionären und hatte damit für einen Marathon der Mitarbeiter geworben.
Fonte:
Handelsblatt