Die europäische Versicherungsaufsicht drängt die Lebensversicherer zu schnelleren Reformen. „Die Geschäftsmodelle müssen sich ändern. Wir haben da schon einiges gesehen, aber wir müssen mehr sehen“, sagte Gabriel Bernardino, der Chef der Aufsichtsbehörde Eiopa, der Nachrichtenagentur Reuters anlässlich des Reuters Regulation Summit.

„Das Tempo der Veränderungen muss schneller werden.“ Dazu gehöre auch eine Dividendenpolitik, die berücksichtige, dass Teile des Geschäfts unter größerem Stress stehen könnten. Die Frankfurter Eiopa habe vor allem Lebensversicherer in Ländern im Visier, in denen langfristige Garantien üblich sind, sagte Bernardino.

Dazu gehören auch Deutschland und Österreich. Sie leiden besonders unter den Dauer-Niedrigzinsen, die es ihnen schwer machen, die Zusagen an die Kunden aus der Vergangenheit einzuhalten.

Auch die Provisionen, die die Lebensversicherer den Vertretern und Maklern zahlen, sind der Eiopa ein Dorn im Auge. Sie müssten ebenfalls an die neuen Produkte angepasst – sprich gesenkt – werden. Große deutsche Lebensversicherer entwickeln und verkaufen bereits Policen, die keine lebenslangen Zinsgarantien mehr geben.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte im April auf rasche Konsequenzen in der Versicherungswirtschaft gedrängt. Bernardino betonte, es gebe keine unmittelbare Gefahr für die Versicherer und deren Kunden, Veränderungen seien aber dringend. Der nächste Stresstest für die Branche steht 2016 an. Doch das Negativszenario, das bei der jüngsten Auflage vergangenes Jahr getestet wurde, ist von der Realität bereits überholt worden.

 

ZINSZUSATZRESERVELebensversicherer müssen mehr Geld zurücklegen

Im Januar 2016 führt die Europäische Union (EU) „Solvency II“ ein. Das neues Kapital-Regelwerk für die Branche zieht die mit den Kapitalanlagen verbundenen Risiken stärker ins Kalkül. Die nationalen Aufsichtsbehörden wie die deutsche BaFin sollen der EIOPA bis September melden, ob ihre Unternehmen die neuen Vorschriften erfüllen können.

Mit einer großen Welle von Kapitalerhöhungen rechnet Bernardino deswegen aber nicht. „Wir erwarten alles in allem keinen großen Kapitalzuwachs, aber es wird natürlich Situationen geben, wo es nötig ist, das Kapital zu erhöhen.“ Bei manchen Versicherern, die die Mindestquoten verfehlen, könne es auch ausreichen, die Kapitalanlagen breiter zu streuen. Solvency II bestraft Klumpenrisiken.

Bernardino will verhindern, dass die Versicherer die neuen Modelle nutzen, um ihren Kapitalbedarf kleinzurechnen – wie es den Banken vorgeworfen worden war. „Wenn wir sehen, dass die Modelle zum Kapitalmanagement verwendet werden (…), werden wir eingreifen. Das wollen wir nicht sehen“, warnte der Eiopa-Chef. Es dürfe nicht passieren, dass die Risikomodelle selbst in Misskredit gerieten, wie das bei den Banken passiert sei.