New YorkAnfang des Jahres hatte das US-Finanzministerium noch gehofft, rund 20 Milliarden Dollar an der Rettung des Konzerns verdienen zu können; nun droht das Ganze zu einem Verlustgeschäft zu werden.

In diesem Monat sollen die AIG-Anteile platziert werden, doch der Kurs des Versicherers rutscht massiv ab. Ein Grund dafür sind die Verluste des Konzerns durch das Erdbeben in Japan. Aber auch die Aktivitäten von Spekulanten machen der US-Regierung einen Strich durch die Rechnung: Sie versuchen, den Kurs der wenigen noch an der Börse gehandelten Papiere zu drücken, um die Regierung zu einem niedrigen Verkaufspreis zu zwingen.

Seit dem Winter ist der Kurs um 43 Prozent auf 29,28 Dollar gefallen. Unterhalb von 28,70 Dollar macht Washington Analystenberechnungen zufolge keinen Gewinn mehr. „Es wird damit gerechnet, dass die Regierung einen Abschlag zum Börsenkurs bieten muss“, sagte Paul Newsome, Analyst bei Sandler O’Neill, in einem Interview. Dies führe zu einem Teufelskreis. „Ganz gleich, wie hoch der Kurs steht – die Leute glauben, dass der Kurs weiter fällt, weil sie mit einem Platzierungsabschlag rechnen. Und dann fällt er auch weiter.“

AIG gilt als einer der Auslöser der jüngsten Finanzkrise. Der ehemals größte Versicherer der Welt hatte sich 2008 derart mit Kreditderivaten verspekuliert, dass er mit 130 Milliarden Dollar von der US-Regierung aufgefangen werden musste. Durch den Verkauf von Tochterfirmen sammelte AIG Kapital an, um die Hilfen zurückzuzahlen. Gleichzeitig zog das operative Geschäft dank der Konjunkturerholung in den USA an, so dass der Aktienkurs zwischenzeitlich auf über 51 Dollar stieg.

Doch dann entschied sich die US-Regierung ihre Vorzugsaktien, die sie für die Hilfen bekommen hatte, in Stammaktien zu wandeln. Die Folge: Die Regierung wurde zum Mehrheitseigner und hielt nun 92 Prozent der Anteile. Zudem wurde die Bewertung der Papiere der Altaktionäre dadurch dramatisch verwässert. Denn steigt die Zahl der Aktien, sinkt der Gewinn je Aktie – und damit auch die Bewertung. Dies setzte eine Abwärtsbewegung des Kurses in Gang.

Verstärkt wurden die Kursverluste durch das Erdbeben in Japan und die Naturkatastrophen in Neuseeland und Australien. Das ganze Ausmaß der Belastungen aus diesen Versicherungsfällen wurde Ende vergangener Woche sichtbar. Die AIG-Tochter Chartis meldete Belastungen in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar aufgrund der Katastrophen. Rückzahlungen für Kredite der US-Notenbank Fed in Höhe von 3,3 Milliarden Dollar belasteten ebenfalls das Ergebnis. Operativ verbuchte AIG daher im ersten Quartal einen Verlust von rund 1,2 Milliarden Dollar.

Analysten meinen aber, dass AIG auf dem richtigen Weg ist. Cliff Gallant, Experte bei der Investmentbank KBW, rechnet spätestens nach der Aktien-Platzierung wieder mit steigenden Kursen. Die AIG-Töchter Sun America und Chartis zeigten „gutes organisches Prämienwachstum“, schrieb er in einer Studie. Fallen die Kurse weiter, könnte die Regierung mit ihrem AIG-Investment sogar in die roten Zahlen rutschen. Beobachter schätzen aber, dass sie trotzdem an der für diesen Monat geplanten Platzierung eines Teils ihrer Anteile festhalten wird. Denn der Ausstieg soll vor den Präsidentschaftswahlen 2012 abgeschlossen sein.

Banker verweisen auf den Verkauf von Anteilen am Autobauer General Motors im vergangenen Jahr, der unter dem Strich auch keinen Gewinn brachte. Der Autobauer hatte in der Krise ebenfalls Hilfen bekommen. Die Regierung hofft, die Verluste bei einer zweiten Platzierung wieder auszugleichen. Im Fall von General Motors stehen die Chancen dafür derzeit nicht gut. Der Kurs ist seit der Platzierung der Regierungsanteile weiter gefallen.