Wer schon mal einen Autounfall verursacht hat, der kennt das Prozedere. Der Halter des Fahrzeugs haftet für den Schaden, der Unfallgegner wird von dessen Versicherung entschädigt. Die sogenannte Halterhaftpflicht regelt dieses Vorgehen seit Jahrzehnten auf diese Art.

Wenn künftig die Autos immer mehr die Funktion des Fahrers übernehmen, dann steigt unweigerlich die Gefahr, dass nicht mehr der Fahrer, sondern womöglich auch die Technik schuld war. Bis es irgendwann soweit ist, dass Autos vollautonom fahren, werden nach Ansicht vieler Experten noch viele Jahre vergehen.

Die beiden größten Versicherer im Land, die Allianz und die HUK-Coburg, und auch der Autobauer BMW hatten sich zuletzt eine Beibehaltung des Status Quo bei Unfallfragen ausgesprochen. Baut demnach ein autonom fahrendes Auto einen Unfall, wäre auch hier zuerst der Halter verantwortlich. Die Versicherer prüfen dann im nächsten Schritt, ob sie den Hersteller in Regress nehmen können. Das sei nur bei Waffengleichheit und einem langen Atem möglich, heißt es von Seiten der HUK-Coburg. Die Versicherer wären damit das Korrektiv der Autohersteller.
Wie weit Wunsch und Wirklichkeit hier auseinander liegen, zeigt allein die bislang überschaubare technische Kompetenz der Versicherer. „Es wäre gut, wenn es einen Interessensverwalter der Kunden geben würde“, sagt Klaus-Jürgen Heitmann, der ab August den Vorstandsvorsitz bei der HUK-Coburg übernehmen wird. Um gleich hinzuzufügen, dass dabei eine Menge Arbeit vor der gesamten Branche liege. Schon jetzt ist die Software eines Autos von Tausenden von Algorithmen bestimmt. Mit dem Einsatz Dutzender Sensoren in autonom fahrenden Autos wird die Zahl noch einmal extrem ansteigen.

Das Dilemma ist damit vorprogrammiert. Einerseits möchten die Versicherer vermeiden, dass sie auf Kosten sitzenblieben, die eigentlich unter die Produkthaftpflicht der Hersteller fallen. Andererseits dürfte es neben eindeutigen Fällen, in denen offensichtlich die Technik versagt hat, auch genügend Fälle geben, bei denen es strittig ist, ob Mensch oder Maschine die Schuld haben.

Dass die Zahl der Unfälle allerdings auch ohne die Möglichkeit des autonomen Fahrens seit Jahren sinkt, ist unstrittig. Lag die Zahl der Unfälle je tausend zugelassener Fahrzeuge in den Siebziger Jahren noch bei 150 bis 170 je tausend zugelassener Fahrzeuge, so steht sie heute bei 50 bis 60. Weil aber die absolute Zahl der zugelassenen Fahrzeuge gestiegen ist, ist die Zahl der Unfälle in Deutschland immer noch hoch.
Die Versicherer kämpfen indes noch mit einem anderen Problem. Zwar hat die HUK-Coburg im vergangenen Jahr die Führungsposition in Deutschland weiter ausgebaut. Der Bestand an versicherten Fahrzeugen ist um fünf Prozent auf 11,2 Millionen Euro gestiegen. Das Wachstum zeigt sich jedoch nicht auf der Ergebnisseite. Die Schaden-Kosten-Quote, also das Verhältnis von aus Ausgaben zu Beitragseinnahmen, lag bei 101 Prozent. Es floss also mehr Geld raus als rein. Die Branche selbst liegt hier im Schnitt bei 99 Prozent.

„Hauptgrund war insbesondere die Verteuerung von Fahrzeugteilen, die über den Erwartungen lag“, führt der aus Altersgründen im Juli ausscheidende Vorstandschef Wolfgang Weiler diesen Effekt zurück. Besonders Fahrzeugteile im Außenbereich, bei denen die Hersteller quasi das Monopol besitzen, haben dazu beigetragen. Auch hier schwelt ein Konflikt zwischen den Versicherern und den Autobauern. Zumal es mittlerweile Premiumhersteller gibt, die bei einem Unfallschaden einen Stundenlohn von 200 Euro verrechnen.
Trotz der aktuell hohen Kosten in der Kfz-Versicherung, muss man sich um die HUK-Coburg keine Sorgen machen. Die Bruttobeiträge stiegen im abgelaufenen Jahr um 4,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Die Leistungen erhöhten sich um 7,8 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Das Ergebnis erhöhte sich so um rund 18 Prozent auf 516 Millionen Euro.
Fonte:
Handelsblatt