Die Namen klingen kryptisch: „Nitr0jen26”, PLuS, „Turk Server”. Hinter ihnen verstecken sich Menschen, die den US-Behörden derzeit Sorgen bereiten – denn sie attackieren Banken und Infrastrukturobjekte der USA. Die US-Justiz hat nun sieben Iraner wegen Cyberattacken auf zahlreiche Banken und Unternehmen in den Vereinigten Staaten angeklagt. Außerdem soll einer der mutmaßlichen Hacker in das Computersystem eines Staudamms nahe New York eingedrungen sein, wie aus der Anklageschrift am Donnerstag hervorging. Die Angeklagten seien bei Computerfirmen mit Verbindungen zur Regierung in Teheran und zu den iranischen Revolutionsgarden tätig gewesen.

Die Cyberattacken begannen den Angaben zufolge im Dezember 2011. Zwischen September 2012 und Mai 2013 hätten die mutmaßlichen Hacker dann fast wöchentlich Ziele angegriffen. Unter den betroffenen Finanzinstituten seien die Bank of America, J.P. Morgan Chase und die Citibank gewesen. Auch die amerikanische Börse, New York Stock Exchange, sowie der Kommunikationsdienstleister AT&T sollen Ziel der Angrife gewesen sein. Die Angriffe seien „unnachgiebig, systematisch und weit verbreitet” gewesen, sagte US-Justizministerin Loretta Lynch bei einer Pressekonferenz. Insgesamt sei ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden.

Auch seitens der USA hat es bereits Cyberangriffe gegen den Iran gegeben. 2010 attackierten die US-Behörden eine iranische Nuklearanlage zur Urananreicherung mit dem Virus „Stuxnet”. Die großflächigen Angriffe seien die Antwort auf die früheren Attacken, vermuten die Experten.
Bei den Banken und Unternehmen zielten die Angriffe vor allem auf die Lahmlegung der firmeneigenen Computer. Dabei wird an die Rechner mit einer Vielzahl von Anfragen gerichtet, sodass sie aufgrund der Überlastung zusammenbrechen. Im Fall des Staudamms nahe New York war die Sache etwas komplizierter. In diesem Fall ging es darum, ein strategische wichtiges Objekt unter Kontrolle zu bringen.

Ob die US-Behörden die Täter zu fassen bekommen, ist allerdings fraglich. Keiner von ihnen ist US-Staatsbürger, somit ist es zweifelhaft, ob ihnen in den USA der Prozess gemacht werden kann. Das verhält sich ähnlich wie mit Attacken chinesischer Hacker auf US-Unternehmenssoftware zwei Jahre zuvor. Auch hierbei erhoben die Behörden Anklage, ohne allerdings die Beschuldigten wirklich vor Gericht zu bekommen. Die rechtlichen Schritte – so das Kalkül der Amerikaner – würden aber ein starkes Signal in die Welt setzen, solche Attacken künftig zu unterlassen.
Die jüngsten Cyber-Angriffe sind allerdings besonders brisant. Denn erst vor wenigen Monaten hat der US-Kongress grünes Licht für das umstrittene Atomabkommen mit dem Iran gegeben. Der Deal: Iran stoppt sein Atomprogramm und die USA heben im Gegenzug die seit 2012 bestehenden Sanktionen gegen das Land auf. In den vergangenen Monaten konnte der Iran an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen, nicht zuletzt auf dem Ölmarkt. Durch die Anklage wollen die USA nun verhindern, dass die iranische Führung Gelder, die ehemals für das Atomprogramm bestimmt waren, nun in Cyber-Angriffe steckt. Dabei sieht es nicht so aus, als würden die Hacker direkt für die Regierung arbeiten, meldet die New York Times. Jene, deren Namen in der Anklage gelistet sind, arbeiten für die Vertragsfirmen ITSec Team und Mersad Company und handeln als Vertragspartner im Auftrag der Regierung.
Fonte:
Handelsblatt