Seit Oliver „Oli“ Bäte bei der Allianz das Sagen hat, hat sich einiges geändert. Der Versicherungskonzern soll näher an die Menschen ran, soll moderner und transparenter werden, gibt der Neue die Marschroute vor.

Und so überrascht es nicht, dass vergangene Woche Tilo Jung bewaffnet mit Kamera und Puschelmikro in die Konzernzentrale nach München tingelte, um eines der seltenen Interviews mit dem Vorstandssprecher des Versicherungsriesen zu führen.

Jung ist vor allem Jugendlichen bekannt: Mit direkten Fragen, die er in für seine Videointerview unter dem Titel „Jung & Naiv“ stellt, rückt er meist Politikern wie Peter Altmaier oder Gregor Gysi auf die Pelle. Nun stand – als erster Wirtschaftsboss – der 51-jährige Allianz-Chef vor der Kamera.

Ohne Krawatte und betont locker antwortet Bäte fast zwei Stunden auf die Fragen des Reporters. Er erklärt geduldig den Unterschied zwischen Zocken und Investieren und plaudert ungewöhnlich offen auf dem Nähkästchen. „Ich bin der Bundeskanzler der Allianz“, erklärt der Manager auf die Frage, was denn eigentlich ein Vorstandsvorsitzender mache. Deswegen könne er nicht einfach zu einem Mitarbeiter gehen und ihn feuern – „das wäre ja auch eine dumme Idee.“ Aber er gebe die Richtlinien für die Allianz vor, „ein unfassbar cooles Unternehmen“.
ber selbst der Versicherungsriese sei nicht zu groß zum Scheitern, sagt Bäte, der seit vergangenem Mai in München als erst zehnter Vorstandschef an der Spitze des Traditionskonzerns steht. Ungewöhnlich freimütig antwortet er auf die Frage, ob die Allianz pleite gehen könne: „Selbstverständlich. Aber das ist sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich.“ Bäte erläutert seinem bärtigen Gegenüber seine Vorbehalte gegen ungehindertes Sammeln von Gesundheitsdaten, die Macht der Pharmakonzerne, bedingungsloses Grundeinkommen, das Verhalten asiatischer Manager und antwortete auch auf Fragen, die Jung zuvor bei Fans gesammelt hatte.
Eine Frage zum Thema „Star Wars“ erkennt er nicht als solche und wagt stattdessen einen Seitenhieb auf die Europäische Zentralbank: Die EZB sei das einzige Imperium, das er sich vorstellen könne, das „so ein bisschen evil“ sei und das seine eigenen Regeln befolge, so Bäte. Da sehe er sich „lieber als Rebell“ als in der Rolle des Imperiums. Ein „cooles Interview“, finden nicht wenige der über 10000 Zuschauer, die sich das Video kurz nach Veröffentlichung auf Youtube angeschaut haben.
Fonte:
Handelsblatt