Die Sex-Reisen des Versicherungskonzerns Ergo werden zur heißen Kartoffel für die Hamburger Gerichte. Nach Recherchen des Handelsblatts schieben sich das Amtsgericht Hamburg und das Landgericht Hamburg die Zuständigkeit für die berüchtigte Budapest-Reise gegenzeitig zu. Inzwischen ist der Fall beim Hanseatischen Oberlandesgericht angekommen.

Ursprung des Streits ist eine Motivationsreise der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer im Juni 2007. Zur Besserung der Motivation, wie es im internen Sprachgebrauch hieß, veranstaltete der Vertrieb auf Kosten des Konzerns eine Orgie im Freibad. Die historischen Gellert-Thermen wurden mit Himmelbetten ausgestattet, eine Vielzahl Prostituierter mit farbigen Armbändchen zur Verwendung gekennzeichnet und nach jedem Liebesdienst am Unterarm abgestempelt. Anschließend wurde die Party versteuert und im Mitarbeitermagazin als „Mordsspaß“ angepriesen.

Torsten Oletzky, der Vorstandsvorsitzende von Ergo, erfuhr laut Selbstauskunft erst drei Jahre später von der Sause, hakte den Fall aber im Sommer 2010 ab. Erst nachdem die Orgie öffentlich wurde, erstattete Ergo im Juli 2011 Anzeige. Am 31. Juli 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage. Doch kein Gericht will die Ergo-Reise verhandeln.

 „Das Amtsgericht ist sachlich unzuständig“, heißt es in einem Beschluss des Amtsgerichts Hamburg St. Georg vom 22. Januar 2013, der dem Handelsblatt vorliegt. Das Verfahren sei zu groß. Folglich sei es „im öffentlichen Interesse geboten, die Verhandlung dem Landgericht zu übertragen.“

Doch das Landgericht will nicht. „Der Aktenumfang mit einer 380 Seiten umfassenden Leitakte und zehn Sonderbänden ist für ein amtsgerichtliches Verfahren nicht ausgesprochen ungewöhnlich“, heißt es in einem Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 31. Januar. Fazit: „Das Hauptverfahren wird vor dem Amtsgericht Hamburg St. Georg, Abteilung 950, Schöffengericht, eröffnet“.

Dagegen wiederum hat nun die Staatsanwaltschaft Hamburg Beschwerde beim Hanseatischen Oberlandesgericht eingelegt. „Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung des Amtsgerichts beigetreten, der Fall solle am Landgericht verhandelt werden“, sagt Oberstaatsanwältin Nana Frombach dem Handelsblatt. Wann das Oberlandesgericht entscheidet, sei ungewiss.