Torsten Oletzky ist kein Schön-Wetter-Manager. Der 46-jährige Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Versicherers Ergo hat in den vergangenen Jahren in seinem Konzern all das erlebt, was Kollegen aus seiner und anderen Branchen um alles in der Welt vermeiden wollen: Sex-Skandale, Kundenbetrug und nicht zuletzt lang anhaltende Kritik an seiner Person. Wenn Oletzky irgendwann beschlossen hätte, all das nicht mehr mitzumachen – irgendwo hätten da wahrscheinlich viele Verständnis gezeigt.

Der ehemalige Mc-Kinsey-Berater sieht das jedoch anders. Erst vorige Woche bestätigte der Ergo-Aufsichtsrat Oletzky für weitere fünf Jahre im Amt. Und obwohl das Ergebnis aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr eher dürftig aussieht, findet er in seinem Vorwort Platz für Positives: “Das Jahr 2012 war für Ergo kein leichtes Jahr, aber wir haben viele Themen gut vorangebracht.”

Die Niedrigzinsen an den Finanzmärkten nagen weiter am Ergebnis der Versicherungsgruppe – nun müssen weitere Arbeitsplätze gestrichen werden. Neben dem bereits beschlossenen Abbau von 1350 Stellen im Vertrieb stehen auch bis zu 600 Stellen im Innendienst auf der Kippe. Der Düsseldorfer Konzern leidet unter einem schwachen Geschäft bei seinem Standbein Lebensversicherungen. Mit neuen Produkten soll der Abwärtstrend gestoppt werden. Im deutschen Heimatmarkt schrieb Ergo in der Lebensversicherung 2012 sogar rote Zahlen, wie aus der am Mittwoch in Düsseldorf vorgelegten Jahresbilanz hervorgeht. Neue Produkte sollen die Beitragseinnahmen in dem Bereich stabilisieren.

Vorstandschef Torsten Oletzky geht zwar davon aus, dass im Bereich Lebensversicherung/Altersvorsorge in Deutschland 2013 voraussichtlich eine leicht positive Zahl stehen kann. Der Verlust von neun Millionen Euro 2012 sei auch auf die Kosten des Stellenabbaus zurückzuführen. „Das ändert aber nichts daran, dass die Ertragslage in der deutschen Lebensversicherung im aktuellen Zinsumfeld absolut kritisch ist. Und dass tatsächlich sich, richtig gerechnet, kein Geld damit verdienen lässt“, betonte Oletzky. Die niedrigen Zinsen und das billige Geld seien für die Bankenrettung und hoch verschuldete Länder hilfreich. Sie bedeuteten aber keine gute Nachricht für Sparer und Versicherte.

Die Beitragseinnahmen brachen 2012 um 1,7 Milliarden Euro oder 8,4 Prozent auf knapp 18,6 Milliarden Euro ein. Davon gehen gut 1,2 Milliarden Euro auf den Verkauf von Töchtern, insbesondere der ausländischen Gesundheitsversicherer, zurück. Fast eine halbe Milliarde Euro weniger nahm Ergo in ihren bestehenden Aktivitäten ein. Die Einnahmen im Bereich Lebensversicherung und Altersvorsorge in Deutschland sanken 2012 um 4,1 Prozent auf knapp 4,6 Milliarden Euro. Im Neugeschäft beträgt der Rückgang bei laufenden Beiträgen 3,2 Prozent. Das Neugeschäft mit Einmalbeiträgen sank fast um ein Viertel. Man wolle nicht kurzfristig orientierte Anleger anziehen.

Für das laufende Jahr peilt Ergo einen Gewinn zwischen 350 bis 450 Millionen Euro an. 2012 war der Gewinn – wie bereits durch die Bilanz der Mutter Munich Re bekannt – um gut 17 Prozent auf 289 Millionen Euro geschrumpft. Rückstellungen für den Umbau des Vertriebs hatten den Gewinn mit 128 Millionen Euro belastet. Bei den Beitragseinnahmen erwartet Ergo 2013 ungefähr 18,5 Milliarden Euro und damit etwa ähnlich viel wie 2012. Die Zahl der Mitarbeiter sank im vergangenen Jahr um gut 1500 auf knapp 29 800. Die Zahl der hauptberuflichen Vertreter nahm um gut 1200 auf knapp 17 900 ebenfalls deutlich ab.