Die Versicherungsgruppe Ergo wird noch 2012 eine Niederlassung für das Industriegeschäft in Großbritannien einrichten. Das kündigte Vorstandschef Torsten Oletzky bei der Vorstellung der Bilanzzahlen an. Das Unternehmen ist bereits in den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Frankreich tätig. “Wir zielen auf deutsche und einheimische Unternehmen”, sagte Oletzky. Ergo habe Fachleute für die Risikobewertung, die sogenannten Underwriter, angeheuert und mit ihnen einige Monate in Düsseldorf gearbeitet. Sie werden den Kern der neuen Niederlassung bilden. “Wir arbeiten immer mit Underwritern aus den betreffenden Märkten.”
Bis vor wenigen Jahren war die Munich Re-Tochter Ergo im Ausland nur im Privatkundensektor tätig. Jetzt sucht sie verstärkt das lukrative Geschäft mit mittelgroßen und kleineren Unternehmen – in dem sie in Deutschland bereits vergleichsweise erfolgreich unterwegs ist.
Das internationale Privatkundengeschäft verlief 2011 erneut defizitär. Vor allem die Töchter in Südkorea und der Türkei machten Sorgen. Zwar konnte Ergo die Schaden- und Kostenquote der ausländischen Töchter von 107,9 Prozent 2010 auf 105,6 Prozent der Beitragseinnahmen drücken. “Das Niveau ist aber noch nicht befriedigend”, sagte Oletzky. Es gebe aber einen Aufwärtstrend. In Polen sei die Schaden- und Kostenquote im positiven Bereich, also unter 100 Prozent, in der Türkei gebe es Zeichen eines Turnarounds.
In Deutschland produzierten die Schadengesellschaften eine Quote von 93,6 Prozent der Beiträge, 3,3 Prozentpunkte höher und damit schlechter als 2010. Oletzky nannte Witterungsschäden und negative Entwicklungen in Haftpflicht als Hauptgründe.
Die 2011 aufgedeckte Skandalserie, die mit Enthüllungen über eine Reise für Ergo-Vertreter nach Budapest und vom Unternehmen bezahlten Prostituierten begann, sei jetzt aufgearbeitet. Einen möglichen Effekt auf das Neugeschäft und die Reputation könne man nicht verlässlich nennen, weil das schwer zu messen sei, sagte Oletzky. Gegenmaßnahmen wie die Einstellung einer Beauftragten für die Einhaltung der Unternehmensgrundsätze – der Compliance – seien umgesetzt.
Unter anderem war 2011 bekannt geworden, dass Ergo mit einem Formular Riester-Verträge abgeschlossen hatte, die einen Kostensatz von 12 Prozent nannten – während bereits eine Erhöhung der Kosten auf 16 Prozent galt. “Wir haben 12.137 Verträge reguliert”, sagte Oletzky. Der Gesamtbetrag habe 981.000 Euro einschließlich Zinsen betragen, sei also weit von der befürchteten Belastungen von mehreren Millionen weg.
Wegen der umstrittenen Umdeckung von Lebensversicherungen in Unfallpolicen mit Beitragsrückgewähr habe Ergo 4952 Kunden angeschrieben und 449 Antworten erhalten. “Davon wollten 23 Kunden die Unfallversicherung auflösen lassen, 25 weitere Kunden die Wiederinkraftsetzung der Lebensversicherung”, sagte Oletzky.
In der betrieblichen Altersvorsorge gab es Vorwürfe, Kunden, denen Sonderkonditionen unter Gruppenverträgen zustanden, seien die teureren Einzelverträge angeboten worden. “Nach dem aktuellen Stand sind 750 Verträge mit Arbeitgebern potenziell kritisch”, sagte Oletzky. Schon im Vorfeld der systematischen Aufarbeitung habe es eine Klärung mit 85 Arbeitgebern gegeben. “Hier wurden auch Verträge nachträglich geändert oder angepasst”, sagte ein Sprecher. In 344 weiteren Fällen seien Kundenbesuche absolviert oder geplant, bislang wollten sechs Arbeitgeber eine rückwirkende Änderung. In 321 Fällen habe Ergo einen Infobrief verschickt.
Mit dem Jahresergebnis von 349 Mio. Euro, nach 355 Mio. Euro im Vorjahr, sei Ergo angesichts der Krise zufrieden, sagte Oletzky. Die Zahlen hatte bereits die Muttergesellschaft Munich Re genannt. 2012 will Ergo mehr als 400 Mio. Euro verdienen.