Die deutschen Versicherer werden nach Schätzungen ihres obersten Aufsehers wegen der härteren Regulierung in den nächsten zwei Jahren mehr als zehn Milliarden Euro zusätzliche Eigenmittel brauchen. „Das könnte einen zweistelligen Milliardenbetrag erreichen“, sagte der Chef der Versicherungsaufsicht bei der BaFin, Felix Hufeld, der „Börsen-Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Wie viel es genau ist, wolle die Aufsicht im Spätsommer in einer Modellrechnung ermitteln. Nach der für den 1. Januar 2016 geplanten Einführung des Regelwerks „Solvency II“ müssten die Versicherer ihre Kapitaldecke jedes Jahr um weitere drei bis fünf Milliarden Euro aufstocken.

Die deutschen Versicherer seien inzwischen gut auf Solvency II vorbereitet, sagte Hufeld. „Wir haben nicht den Eindruck, dass signifikante Teile der Branche den Weckruf nicht gehört hätten.“ Das Regelwerk, an dem mehr als zehn Jahre gearbeitet worden war und das stärker am Risiko der Kapitalanlagen ausgerichtet ist, könne zu tiefgreifenden Veränderungen in der Branche führen. „Bei den Lebensversicherern ist es ein Katalysator für ein stärker ausdifferenziertes Produktangebot. Das wird von Solvency II geradezu erzwungen“, sagte Hufeld.

Die Aufsicht habe es aber nicht auf eine Konsolidierung unter den – vielfach kleinen – Lebensversicherern abgesehen, betonte er. Trotzdem müssten sich die Kunden darauf gefasst machen, dass der eine oder andere Versicherer abgewickelt wird – bisher ein Tabu. „Marktaustritte müssen möglich sein.“ Es sei nicht Aufgabe der BaFin, das Scheitern zu verhindern, sondern es für die Betroffenen schonend zu gestalten.

Hufeld machte sich erneut für eine geringere Ausschüttung der Bewertungsreserven stark, zu der der Gesetzgeber die Versicherer nach einem höchstrichterlichen Urteil gezwungen hatte. Doch bei festverzinslichen Wertpapieren müssen die Lebensversicherer Gewinne ausschütten, die nur auf dem Papier stehen und sich bis zum Laufzeitende wieder in Luft auflösen. Die Branche habe allein im vergangenen Jahr um die drei Milliarden Euro an Bewertungsreserven ausgeschüttet, die auf das niedrige Zinsniveau zurückzuführen seien, „und das stellt eine extraordinäre Belastung für die Branche dar“, sagte Hufeld. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einem Gesetz, das die Regelung teilweise wieder zurücknehmen soll.