Wer ein Auto kauft, erhält inzwischen alles aus einer Hand: Neben dem Fahrzeug gibt es im Autohaus immer öfter auch den Kredit und die passende Versicherung dazu. „Nachdem die Autohersteller bereits vor Jahren die Autofinanzierung weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht haben, ist es nun ihr erklärtes Ziel, das Gleiche auch mit der Kfz-Versicherung zu machen“, sagt Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsmitglied bei dem Versicherer Huk-Coburg.


Die Zahlen belegen das: Volkswagen verkauft in Deutschland inzwischen rund jeden vierten Neuwagen gleich mit einer Police. Daimler hat 2011 weltweit 940000 Fahrzeugversicherungen vermittelt, zwölf Prozent mehr als 2010. Auch BMW verzeichnet nach eigenen Angaben „ein deutliches Wachstum“.

Die Autohersteller sind meist nur als Vermittler tätig. Das Risiko, im Schadensfalle zahlen zu müssen, übernehmen weiterhin Versicherungskonzerne. VW, BMW und Daimler kooperieren alle mit der Allianz, auch andere wie Zurich, Axa oder HDI-Gerling sind mit dabei.

Die Versicherer stecken in einem Dilemma. Mit einer Kooperation haben sie einen viel leichteren Zugang zu neuen Kunden. Andererseits haben die Autohersteller eine enorme Marktmacht und können so günstige Konditionen aushandeln und ordentliche Provisionen verlangen. Die Versicherer müssen das akzeptieren auf einem Markt, auf dem die meisten ohnehin rote Zahlen schreiben (siehe Kasten).

Inzwischen gibt es zwei völlig verschiedene Strategien: Während bei der Allianz in Deutschland schon 1,3 Millionen Autos über ein Autohaus versichert sind, will die Huk-Coburg davon nichts wissen. „Es gab vereinzelte Kontakte“, sagt ein Sprecher. „Dabei zeigte sich, dass die Autohersteller Konditionen erwarten, die nicht mit unserem Geschäftsmodell vereinbar waren.“ Die Huk-Coburg ist Marktführer in der Kfz-Versicherung und lockt Kunden vor allem mit günstigen Preisen.

Für die Versicherer bedeutet das Kooperationsgeschäft auch, dass sie als Marke kaum noch wahrgenommen werden. In einem Finanzierungsprospekt von VW steht zwar sehr viel über die „umfassenden Versicherungsleistungen“, die angeboten werden. Der Name Allianz taucht aber nur kleingedruckt in der Fußnote auf. „Die Kundenbetreuung und Korrespondenz liegt in unserer Verantwortung“, erklärt ein Volkswagen-Sprecher. „Der Kunde nimmt als Ansprechpartner vorrangig den Volkswagen Versicherungsdienst wahr – nicht den Versicherer im Hintergrund.“

Nicht nur die Allianz ist bereit, ihre eigene Identität hinten anzustellen. „Versicherer müssen sich als Zulieferer der Autohersteller verstehen, wie jemand der Auspuffrohre, Benzinpumpen oder Beleuchtungskörper zur Verfügung stellt“, sagte der Deutschlandchef von Talanx, Heinz-Peter Roß, unlängst auf einer Tagung. Die Talanx-Tochter HDI-Gerling kooperiert mit Mercedes.

Huk-Coburg-Vorstand Heitmann warnt hingegen vor dieser Entwicklung: „Die Autoversicherer riskieren, den Zugang zu ihren Kunden zu verlieren.“ Nicht nur der Markenwert des Versicherers geht verloren. Die Kfz-Police gilt für viele Versicherungsvertreter oft auch als eine Art Einstiegsversicherung, mit der der Kundenkontakt hergestellt wird, um später weitere Policen zu verkaufen. Entsprechend kritisch werden die Kooperationen auch von vielen Versicherungsvertretern beäugt.

Ob sich die Versicherungen für den Kunden lohnen, ist nur schwer zu durchschauen, da sie oft anders gestaltet sind als klassische Kfz-Versicherungen. Oft werden die Policen in sogenannten Mobilitätspaketen angeboten, also zusammen mit einem Kredit für die Autofinanzierung oder der Übernahme von Inspektionskosten.

Mancher Hersteller bietet Preisnachlässe bei der Versicherungspolice, wenn sich Kunden für bestimmte Sicherheitsausstattungen entscheiden, die die Unfallgefahr reduzieren. Zugleich legen die Hersteller aber in den Versicherungsbedingungen auch fest, dass der Kunde im Falle eines Unfalls das Fahrzeug beim konzernzugehörigen Autohändler repariert und nicht in einer freien Werkstatt. Das ist einer der Hauptgründe, warum die Autohändler so ein starkes Interesse an dem Versicherungsgeschäft haben. Das macht die Policen prinzipiell teurer.