Der global agierende Versicherungsmakler Aon verlegt seinen Sitz von Chicago nach London. Das teilte Aon-Chef Greg Case am Freitag mit. Aon hofft auf eine Gewinnsteigerung durch deutlich weniger Steuern, unter anderem wegen günstiger Vorschriften zu Auslandsgewinnen. Außerdem sei man näher am globalen Versicherungsmarkt Lloyd’s und damit indirekt an den Wachstumsmärkten. “Es geht nicht nur um London, es geht darum, die Märkte in der ganzen Welt besser zu erreichen”, sagte Case.

Aon gehört neben Marsh zu den größten Versicherungsmaklern. Die beiden konkurrieren heftig miteinander und streiten um den Titel des Weltmarktführers. Marsh sitzt in New York. Der Weltmarktdritte Willis hat die Verwaltung ebenfalls in London.

Die Großmakler vermitteln vor allem Policen für die Industrie oder beraten sie. Seit Jahren müssen sie mit niedrigen Preisen, sinkenden Provisionseinnahmen und knapperen Beratungshonoraren leben.

Von London aus kann Aon leichter in Asien und Osteuropa agieren, hat allerdings Nachteile in Lateinamerika. Für den gesamten europäischen Markt – Aon ist in Deutschland Marktführer – bedeutet der Aon-Umzug eine Aufwertung.

Ein weiterer Grund dürfte das juristische Umfeld in den USA sein. Dort stehen die Großmakler unter gesteigerter Beobachtung von Staatsanwälten und Versicherungsaufsehern. Nach einem Skandal, in dem die Behörden Marsh Betrug an Kunden vorwarfen, verboten sie den Großmaklern für viele Jahre umsatzbezogene Sonderprovisionen und legten ihnen weitere Beschränkungen auf.

Aon machte 2010 rund 40 Prozent des Umsatzes in den USA, elf Prozent in anderen amerikanischen Ländern, 16 Prozent in Großbritannien, 24 Prozent im restlichen Europa, dem Nahen Osten und Afrika sowie neun Prozent in Asien und der Pazifik-Region. Der Makler erzielte einen Umsatz von 8,3 Mrd. Dollar (6,6 Mrd. Euro) in den ersten neun Monaten des Jahres 2011 und verdiente dabei 702 Mio. Dollar.

Unternehmenschef Case versucht, die negative PR-Wirkung des Wegzugs im wichtigsten Aon-Markt zu minimieren. In den USA werde Aon 2012 1000 Arbeitsplätze schaffen, in Chicago sollen 750 Angestellte mehr arbeiten als heute, sagte er. Nach London ziehen rund 20 Manager um.